Ribbesbütteler plant Ruhewald

Landwirt Julius Löbbecke möchte vier Hektar des Familienwaldes umfunktionieren.

Reiner Silberstein

Ribbesbüttel Die Sonne blinzelt durch die grünen Blätter hindurch, der Wind streicht sachte durch die Baumwipfel und in der Ferne rufen zwei Vögel um die Wette. Am Ende des Weges, der aus dem Wald herausführt, ist die St.-Petri-Kirche zu sehen. Das Waldstück zwischen Ribbesbüttel und Rötgesbüttel wäre der perfekte Ort für einen Ruhewald, findet Landwirt Julius Löbbecke. So einen möchte der 26-Jährige hier einrichten und betreiben – es wäre der zweite im Kreis Gifhorn und der vierte in der Region.

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„Wir haben hier ganz alten Baumbestand“, sagt Löbbecke, der die Land- und Forstwirtschaft auf dem Rittergut seiner Eltern in Ribbesbüttel von der Pike auf gelernt hat, „manche sind 190 Jahre alt“. Der 30 Hektar große Mischwald der Familie – vorwiegend mit Eichen und Buchen – wird zurzeit noch in Gänze beforstet. Nadelhölzer werden gerade durch junge Laubbäume ersetzt, der Wald somit zukunftsfähiger gemacht. Hier sagen sich nicht nur Rehe, Wildschweine und Hasen gute Nacht, sondern auch seltene Vögel wie der Pirol. Vier Hektar davon will Löbbecke, der nach seiner Landwirtschaftsausbildung gerade Agrarwissenschaften in Göttingen und Wien im Endstadium studiert, nun gern umfunktionieren: in eine Ruhestätte für alle Menschen aus der Region, die sich nach ihrem Tod lieber in der Natur als auf einem herkömmlichen Friedhof bestatten lassen wollen – den genauen Platz an einem Baum können sie sich schon zu Lebzeiten aussuchen.

Das Wort Natur ist ernstgemeint, nicht nur weil es sich um ein Landschaftsschutzgebiet handelt: Eine Beforstung findet dann für wenigstens 90 Jahre nicht mehr statt, gesägt werden dürfe nur noch für die Verkehrssicherungspflicht. Biologisch abbaubare Urnen finden ihren Platz im Wurzelbereich der Bäume, an den Stämmen können Plaketten mit dem Namen befestigt werden. Kein Grabschmuck, keine Blumen – „die Grabpflege übernimmt dann die Natur“, so der Landwirt. Mal bedeckt sie die Stellen mit Laub, mal mit Schnee, mal mit blühenden Maiglöckchen.

Die Zufahrt zum Ruhewald würde vom Druffelbecker Weg aus erfolgen, der Wirtschaftsweg soll ausgebaut werden, der bisherige Holzlagerplatz zum Parkplatz umgestaltet werden – „aber wir brauchen nichts neu zu versiegeln“. Durch den Ruhewald sollen nachher Trampelpfade führen, auch um den Tümpel auf der Westseite herum und zu einem Andachtsplatz mit Holzkreuz. „Mir ist wichtig, den natürlichen Charakter des Waldes zu erhalten.“

Auf die Idee, einen Ruhewald einzurichten, ist Löbbecke vor zwei Jahren gekommen, als er zusammen mit Kommilitonen einen Bekannten besucht hat, der bereits einen solchen betreibt. „Wir haben ihm geholfen und ich habe mir gedacht, das würde mir Spaß machen. Ich bin gern in Wald und Natur.“

Die Entscheidung aber liegt bei den Behörden des Landkreises – ein 45-seitiges ökologisches Gutachten hat die Familie dort schon vorgelegt – und bei der Samtgemeinde Isenbüttel, die Trägerin des Ruhewalds werden soll. „Die Signale von dort sind gut“, ist Julius Löbbecke zuversichtlich. Nach der Sommerpause beschäftigt sich der Sozialausschuss mit dem Thema. Mit den ersten Bestattungen könne man vielleicht schon nächstes Jahr beginnen.

Mehr als 200 Ruhewälder gibt es in Deutschland, den nächsten bei Kästorf in ähnlicher Größe. Die danach nächsten und etwas größeren befinden sich bei Uetze (Region Hannover) und Cremlingen (Kreis Wolfenbüttel). Vom Standort her sieht Löbbecke Vorteile für Ribbesbüttel: im Dreieck Gifhorn, Braunschweig und Wolfsburg und von den Zentren nicht weiter entfernt als die anderen Ruhewälder.

GR 28.07.2020